Der Obergrashof bei Dachau stand am 11.06.2022 auf unserem Plan. 1991 gegründet, war es anfangs ein städtisches Gut (der Stadt München), das mit viel Moorboden landwirtschaftlich schwer nutzbar war.
Um 1850 wurde der Torfboden entwässert, was sich Jahrzehnte hinzog. Der Torf wurde hauptsächlich nach München an die Brauereien verkauft. Auf diesen entwässerten Flachen wurde dann Gras angebaut. 1989 wurde der städtische Betrieb mit 5 Hektar gegründet, mit einem Traktor und ein paar Lehrlingen. Inzwischen stark gewachsen, auf ca. 145 Hektar Gesamtfläche mit drei Betriebsleitern, bis zu 60 Mitarbeiter:innen, davon 25 feste Mitarbeiter:innen, das sind sogar Meister, Ingenieure und sieben Auszubildende.
Der Betriebsleiter, Herr Stinshoff, erklärt uns, biologisch-dynamische Landwirtschaft sei nicht spezialisiert, sondern die verschiedenen Arten wirken an einem Ort zusammen. Vielfalt trägt zu wenig Krankheiten bei. Jedoch: Es ist auch viel Handarbeit notwendig, wie das regelmäßige Unkraut jäten. Am Obergrashof gibt es Gemüse von A-Z, von Artischocke bis Zucchini. Der Chicoree ist zum Beispiel eine faszinierende Kultur, die in Belgien entstanden ist. Sie kann als als Salat gegessen, oder auch gekocht werden.
In der herkömmlichen Landwirtschaft in Deutschland leidet die Artenvielfalt unter dem vielen Ackerbau. Deshalb betreibt der Obergrashof viel Anbau von Leguminosen und Kleegras. Artenvielfalt braucht dauerhafte Grünflächen. Gewächshäuser haben sie nur zwei bis drei, weshalb sie auch nicht viel Heizenergie benötigen würden. Dort wird Treibschnittlauch, Kresse und Lagergemüse (Weis-, Blaukraut und Wurzelgemüse) angebaut.
Anfangs waren die Felder am Obergrashof frei. Dort, wo Wind durchblies, hat es den trockenen, dann leichten Moorboden weggetragen. Inzwischen wurden Hecken gepflanzt und es halten sich dort viele Singvögel, Raupen und weitere Kleintiere auf.
Da ein Hektar 300 Jätstunden benötigt, entstehen dadurch hohe Kosten, aber man verzichtet aufgrund biologischer Wirtschaft auf Pestizide. Nach 2 1/2 Metern Tiefe befindet sich ein ausreichend großes Grundwasservorkommen. In diesem Jahr hat es bisher beinahe schon zuviel geregnet. Für Pflanzarbeiten und der Ernte sei trockenes Wetter besser. Bei einem abgeernteten Salatfeld und einem Weiteren mit erntereifen Fenchel, werden Streifen mit Kleegras angesäht, damit der Boden für die Erntemaschinen fester wird.
Auf einmal nahm Herr Stinshoff mit seinen Händen Erde hoch und sagte, ein guter Boden sei krümmelig und wasserführend mit Ackerbegleitflora, also dem sogenannten Unkraut. Aktuell probiere er bei Kartoffeln das organische Mulchen, was Feuchtigkeit im Boden hält. Er sei offen für Neues, will aber Erreichtes nicht gefährden.
Vermarktet werden die Erzeugnisse zu 2 Prozent über den eigenen Hofladen, der Rest über inhabergeführte Gemüsehändler, Unser Land (inkl. Brucker Land) und der Ökokiste. Trotz herben Umsatzeinbruch von 40 Prozent in lfd. Jahr will er nicht jammern. Er vermutet, dass die Verbraucher wegen dem Ukraine-Konflikt und der hohen Inflation weniger Geld für Gemüse ausgeben. Bioprodukte sind teurer, aber es steht auch viel dahinter. Bei seinen "Produkten wird in die regionale Umweltkasse einbezahlt". Wirtschaftlich will er sehen, ob die Partnerschaften funktionieren, bei den bekannten Lebensmittel-Discountern sei dies nicht der Fall.
Mit Crowdfunding auf der Internetseite startnext.de wird ein Verein unterstützt, der allgemein verfügbares Saatgut, ohne Patente, züchtet. Dort kann Jede/r einen gegenläufigen Trend zu Monsanto und Co. unterstützen.
Nach Übergabe eines kleinen Geschenkes an Herrn Stinshoff machten wir uns dann sprichwörtlich "vom Acker" bzw. von der Wiese und fuhren über den Karlsfelder See, Eschenried, Gröbenzell, Emmering wieder nach Fürstenfeldbruck zurück.